Nach dem tollen sonnigen Wochenende in Rom, war der Montag sehr arbeitsreich und die Müdigkeit hatte mich recht stark im Griff. Trotzdem war ich sehr glücklich, dass ich den Wochenendtrip gemeinsam mit meinen Freundinnen mitmachen konnte. Zwar habe ich mit starken Schmerzen zu kämpfen gehabt, aber ich glaube die Traurigkeit daheim zu bleiben, hätte mich mehr belastet. Hier sind wir wieder bei den von mir schon damals beschriebenen Opportunitätskosten – manchmal muss man einfach Dinge bewusst eingehen und deren „Kosten“ abwägen.
Also habe ich mich tapfer geschlagen durch den Montag, mir abends eine Runde Pilates zur Entspannung gegönnt und meine Tasche gepackt. Denn in dieser Woche war ich beruflich unterwegs. Zwar habe ich mich aufgrund des Crohn aus meiner damaligen Beratungsaufgabe und der damit verbundenen Reiseaktivität zurückziehen müssen, jedoch eine komplette Null Reiseaktivität ist leider nicht möglich, da der Hauptstandort meines Arbeitgebers 400km von meinem Wohnort entfernt ist, dort der Großteil der Kollegen sitzt und manche Dinge persönlich besprochen werden müssen. Also trieb es mich letzte Woche und treibt es mich auch kommende Woche dorthin. Generell genieße ich es dort auch, da ich dort auf viele liebe Kollegen treffe, die ich sonst selten zu Gesicht bekomme, jedoch ist es auch immer eine Herausforderung. Denn, wenn ich dort bin, fordere ich mich meinen Körper mehr als sonst. Es erfordert Planung und Disziplin, damit ich mir durch falsche Ernährung den Aufenthalt nicht zur Qual mache oder einen Schub riskiere. Des Weiteren ist man unter vielen gesunden Kollegen, da neigt man schnell zu vergessen sich trotzdem zu schonen, weil man die kurze Zeit, die man vor Ort ist nutzen möchte und die Zeit echt schnell vergeht.
Als ich wieder daheim ankam, spürte ich die Anstrengung der vergangen Tage doch enorm. Aber diesmal beschränkte es sich auf Fieber- und Schmerzschübe. Gott sei Dank war ich sehr diszipliniert, was das Essen betraf und blieb von fiesen Durchfallattacken oder Erbrechen verschont. Da habe ich dazu gelernt in den letzten Monaten 😉
Ich gebe Euch den Tipp, Euch entweder etwas von daheim mitzunehmen oder vor Ort einen Supermarkt aufzusuchen und Dinge zu essen, von denen ihr wisst, dass ihr sie vertragt! Fast jedes Hotelzimmerchen verfügt über eine Minibar, sodass ihr euer Essen, wenn nötig auch kühlen könnt.
Am Freitag stand eine Abendveranstaltung an, die von meinem Arbeitgeber gesponsert wurde – zunächst hatte ich Angst, dass ich zu schwach bin. Aber es war ein schöner Abend, denn sie wurde durch die Hochschule organisiert, an der ich studiert habe. So kam es, dass ich einige meiner alten Professoren wiedersah und ich bei dieser Gelegenheit sehr interessante und unterhaltsame Gespräche führen konnte. Ich habe es sehr genossen, auch, wenn ich erst ein unangenehmes Gefühl hatte, als alle Mann zum Buffet aufzogen und ich nur kurz mitging, um einen Blick zu werfen. Ich entschied mich dazu meinen Teller lieber leer zu lassen, anstatt die doch sehr fettig und stark gewürzten Gerichte zu mir zunehmen. Im Auto wartete eine Banane auf mich, die war sicherlich die bessere Wahl – ansonsten hätte ich sicher länger mit dem Buffettessen zu kämpfen gehabt. Dennoch fühlte ich mich einen kurzen Moment unwohl – aber eine kurze Erklärung, ich darf das nicht essen, hat dann für Erklärung gesorgt. Zunächst kam von einem Kollegen „aha“. Eine „Empfindliche“ also… aber ich erklärte ihm: „Ich habe Morbus Crohn, kennen Sie diese Erkrankung?“ Er antwortete mit „Ja“ und sein Gesichtsausdruck änderte sich von einem eher spöttischen Gesichtsausdruck zu einem ernsteren interessierten Ausdruck. Nachdem er mir einige Fragen stellte, aßen alle weiter und ich saß entspannter mit meinem Glas stillen Wasser daneben und konnte die Gesellschaft wieder genießen.
Ich bin so froh, dass ich die Situation aufgeklärt habe – und nach dieser anstrengenden Woche war ich glücklich, alles gut geschafft zu haben. Und ganz ehrlich ich wurde belohnt – durch einige wenige Worte! Denn dieser Professor, der zunächst stutzig war, sagte als er sich von mir im späteren Verlauf des Abends folgende Worte zu mir, die mich unglaublich aufbauten:
„Ich habe den größten Respekt vor Ihnen und Ihrer Art mit der Erkrankung umzugehen, das kostet enorm viel Kraft!“
Wow – so wenig Wort und so eine große Wirkung. Ich hatte Gänsehaut und bin unglaublich dankbar, dass neben vielen Leuten, mit denen ich an dem Abend in Kontakt trat, die lediglich meinen Rückzug aus dem Beratungsgeschäft thematisierten und es sich für mich eher wie ein „Scheitern“ anfühlte, jemand die Stärke thematisierte, die es fordert, wenn man mit einer solchen Einschränkung lebt. Vielen Dank! Davon werde ich sicherlich noch einige Zeit zehren. Es war ein unglaublich gutes Gefühl – und das von einem fast unbekannten Menschen.
Den Rest des Wochenendes verbrachte ich mit Entspannen, James Bond, Drei Fragezeichen und Schlafen. Denn morgen geht es wieder auf Tour.
Ich wünsche Euch einen wundervollen Sonntag und bitte sagt Euch zwischendurch mal, dass ihr Euch nicht nur über Zeugnisse, Abschlüsse, Erträge und Jobs definiert, sondern über Euer Verhalten, Eurem Umgang mit Euren Mitmenschen, dem Umgang mit Schicksalen u.s.w…. Jeder von uns hat seine Päckchen zu tragen und kann dies auf unterschiedliche Art und Weise tun – auch in dem Zusammenhang kann man einen „guten Job“ machen 😉
Ein schönes Beispiel, wie so ein Moment auch ablaufen kann. Der Kommentar des Kollegen war natürlich nicht überlegt, aber sowohl du, als auch er gingen sehr souverän damit um, wie es mir scheint. Du stelltest dich dieser Herausforderung und er zeigte durch seine Nachfragen, dass sein spöttischer Kommentar nicht von einer Nullnummer kam, sondern von einem Menschen, der zwar gern mal einen Scherz macht, aber dabei das Leben kennt und sich des Ernstes bewusst ist. Ich möchte mir das selbst als Lernansatz nehmen. Und dir möchte ich sagen, dass ich dankbar dafür bin, dass es diesen Blog gibt und ich ihn kennenlernen darf.
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Vielen lieben Dank für das liebe Feedback – freut mich sehr!
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