Wo Freundschaft aufhört…

… wie soll ich beginnen? Es geht um ein Thema, was mir sehr viel emotionale Schmerzen bereitet hat. Mittlerweile weiß ich immer noch nicht, ob ich dankbar bin oder noch darunter leide.

Aber fangen wir mal an. Seit dem Kindergarten habe Freundinnen, die immer an meiner Seite waren, mit denen ich jegliche Dinge erlebt habe. Ereignisse, die meine Jugend prägten. Wir sahen uns mindestens einmal in der Woche, um gemeinsam zu quatschen, Sport zu treiben, zu shoppen, zu frühstücken oder zu feiern. Während der Schulzeit festigte sich die Freundschaft und wir waren ein eingeschweißtes Team. Man erzählte sich alles, kannte den anderen durch und durch und hat wirklich sehr viel miteinander unternommen. Wir durchlebten gemeinsam die ersten Liebesgeschichten, ersten Liebeskummer-phasen, die ersten Alkoholaussetzer und die ersten „Lebenskrisen“.

Irgendwie hatte man das Gefühl man sei unzertrennlich. Doch dann, dann wurde ich krank. Auf einmal war ich nicht mehr für jeden Spaß zu haben. Ich fühlte mich unwohl dabei abzusagen, aber dies war immer häufiger der Fall. Wenn ich mal dabei war, konnte es passieren, dass ich in Tränen ausbrach. Teils durch die Medikamente beeinflusst oder einfach der Tatsache wegen, dass es mir bewusst wurde, dass wir uns durch meine häufige Abwesenheit entfremdeten.

Es tat so unglaublich weh, dass ich das Gefühl hatte beim Großteil der Truppe auf Unverständnis zu stoßen und trotz mehrfacher Aufklärung immer wieder durch Vorwürfe verletzt zu werden.

Ich bin auf der anderen Seite froh darüber, jetzt zu sehen, wer meine wahren Freunde sind. Denn ich habe in dieser schweren Zeit gemerkt, wer sich wirklich die Mühe macht meine Situation zu verstehen und wer nicht. Ich habe gespürt, für wen es sich lohnt Zeit und Kraft zu investieren und für wen nicht.

Nichtsdestotrotz haben leider die „alten“ Freunde immer noch nicht den Arsch inner Hose mir zu sagen, dass es für sie erledigt ist. Denn das ist es gefühlt schon längst. Verlogenerweise sind sie irgendwie noch halbwegs nett zu mir, ich werde zu Dingen eingeladen und es wird darauf spekuliert, dass ich absage. Es wird kritisiert, dass ich so viel „jammere“ und ich mich ja anstelle. Wenn sie wüssten… wenn sie nur wüssten wie viel Kraft es kostet lächelt daneben zu sitzen…

Denn keiner hat Bock der Blöde zu sein, der wirklich mit mir bricht, obwohl schon alles zerbrochen ist.

Ich merke aber, dass mir diese bescheuerte Zustand immer wieder Kraft und Tränen kostet. Deshalb werde ich wohl auch noch diesen Job übernehmen, zu sagen, dass es besser wäre, es gut sein zu lassen.

Denn dafür sind mir – so schade es nun ist – meine Zeit, meine Nerven, mein Herz zu wichtig, um diese weiterhin von Menschen, die mir mal viel bedeutet haben, zu verletzen.

Ich wünsche mir, dass ich die Kraft habe mich in Zukunft davor zu schützen. Ich wünsche mir die Stärke zu haben, mich nicht durch Menschen, die nur meine Kraft kosten und diese nicht zu schätzen wissen, verletzten zu lassen. Ich wünsche mir Darüberstehen zu können, wenn sie Unverständnis zeigen und schlecht über mich reden. Ich wünsche mir, dass ich viel lieber diese Kraft in Menschen investiere, die mir Kraft geben.

Denn ich bin unglaublich glücklich, dass es diese Menschen gibt. Es gibt auch noch diese Freunde, die zu mir gehalten haben, auch, wenn es schwer für sie war nachzuvollziehen, was da mit mir passiert. Es gibt Menschen, die mir verziehen haben, wenn ich leider krampfhaft versucht habe in die oben beschriebenen Beziehungen zu investieren und sie darunter leiden mussten. Es gibt diese wahren Freunde, die ehrlich zu mir sind, mich nicht in Watte packen, aber auch Verständnis zeigen. Es gibt die wahren Freunde, für die es auch ok ist mal spontan umzuplanen und sich auf dem Sofa mit einem treffen, bevor man sich gar nicht sieht. Es gibt diese Freunde, die respektvoll mit mir umgehen.

Es gibt aber auch diese wundervollen Menschen, die ich erst durch die Erkrankung kennenlernen durfte und nicht mehr in meinem Leben missen möchte.

Wenn also die Freundschaft für andere aufhört aufgrund von Unverständnis, Egoismus und was auch immer… da fängt die Erkenntnis an, dass es keine wahren Freunde waren. Und da fängt die wahre Freundschaft an viel mehr an Wert zu gewinnen.

8 Gedanken zu “Wo Freundschaft aufhört…

  1. Du sprichst mir aus der Seele 😔😪genau so eine Situation gab es bei mir auch … es tut einfach so weh … trotzdem kann ich dir auch nur zustimmen wie schön es ist, tolle Menschen erst durch die Krankheit kennengelernt zu haben .. wie zum Beispiel DICH ❤bleib wie du bist und die Richtigen werden bleiben – immer ❤😘

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  2. Hi

    ich finde Du bist zu „streng“.
    Jeder hat sein Leben und seine Wehwechen. Aber nicht jeder kann auf alles und jeden eingehen. Sicher, beste Freunde mit die man durch dick und dünn gegangen ist, „sollten“ da flexibler sein können.
    Ich bin damit am besten gefahren, fast neimanden davon was zu erzählen. Sicher Mädels haben eine andere Art beste Freunde zu sein. Ich schiebe fast nie etwas auf den Crohn. wenn die gelenke mal schmerzen, dann ist es eben das Wetter.Und wenn genau an diesem Wochenende was ansteht, dann kann ich eben nicht und erzähl schon mal, dass ich andere schon ewig vor mir herschiebe.
    Ich will und möchte mich gar nicht dauernd mit CROHN auseinandersetzen.

    ich bin viele Jahre Motorrad gefahren. Das ging und wollte ich dann auch irgendwann nicht mehr. Ist in der Stadt einfach zu gefährlich. Und ich habe mich damit auch aus einem großen Freundeskreis selbst ausgeschlossen. Aber ich habe das anders kompenisert.
    Klar es kommen neue Leute usw. Aber gib nicht „einfach “ auf, was Dir Jahrelang gut getan hat.Ich weiß klingt alles sehr einfach.
    Ich habe Dich im internet gefunden, weil Du mich zu einer bestimmten Zeit mit deiner bestimmten Art abgelenkt hast. Also „benutze“ ich dich solange ich Dich dafür brauche. Wenn das mal nicht mehr der Fall ist, fliegste mit Sicherheit nicht gleich raus. Oder doch ? 🙂 Vielleicht lese ich Dich ja auch irgendwann anders usw. Man verändert sich eben. Du hängst an der Stange ab und kommst neugeboren wieder runter. Andere ziehen sich eben ein We lang zurück und schöpfen so Ihre Kraft. Und irgendwann brauche ich kein internet mehr um über mich Bescheid zu wissen oder mir meine Motivation zu holen.
    „Du siehst die Welt nicht so wie sie ist, du siehst die Welt so wie du bist.“

    Schönen Sonntag noch

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    • Hallo Ronny,
      vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich schätze Deine Kritik und weiß, was Du mir sagen willst. Denn ich wirke hier vielleicht sehr streng und vielleicht gilt das auch für andere Freundschaften nicht. Denn jeder Mensch entwickelt sich weiter und vielleicht nicht konform zu den Freundschaften, die bestehen. Allein dadurch lebt man sich auseinander oder wählt selbst Freundeskreise durch Ausleben oder nicht mehr Ausleben eines Hobbys, wie Du es beschriebst.

      Aber eine Zeit lang war ich viel zu lang zu weich und habe irgendwie gutgläubig gehofft, dass so wie Du es schreibst, wieder eine andere Phase eintritt und wir uns wieder annähern. Selbst als ich mich wie jetzt wieder gefestigter fühle, mittlerweile die Erkrankung und die Auswirkung besser einschätzen kann und mehr Kraft für Aktivitäten habe, als noch frisch nach der Diagnose.

      Ich wollte diese Freundschaften nicht aufgeben. Ich habe daran gearbeitet wieder an sie ranzukommen, aber sie haben das Kapitel wohl beendet und lassen es nicht mehr zu. Und darunter habe ich jetzt die letzten Jahre sehr gelitten. Denn leider wurde mir verwehrt nochmal die Dinge anzusprechen, die sie stören, die mich stören und an denen man hätte „arbeiten“ können, um diese lange Freundschaft nicht zu verlieren. Und nun denke, dass es an der Zeit ist, dass ich mich nicht weiter verletzen und enttäuschen lassen möchte. Vielleicht kommen sie irgendwann mal in eine Situation in Ihrem Leben, wo Ihnen auffällt, dass ich Ihnen vielleicht doch wieder gut tun könnte. Aber momentan ist es nicht so. Und mir tut es nur noch weh.

      Hihi, ja gebrauche mich, wenn es Dir gut tut und lasse es, wenn Du es nicht brauchst.
      Alles Gute für Dich

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      • Ich kenn ja nicht alle Details.Aber wenn es Dir weh tut…dann weg damit. Da hast Du vollkommen Recht.
        Du weißt ja….Am Ende des Tages zählt nur, dass du Nachts schlafen kannst.
        Ich wünsch Dir alles gute…

        Mist das klingt jetzt, als wenn wir uns nie wieder lesen.
        Warte ab…noch „verfolge“ ich dich. 🙂

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      • Ich finde es vollkommen richtig,wie Du reagierst!!! E sist deine Wahrnehmung und somit für Dich RICHTIG und WICHTIG. Einfach so zum überdenken:: DU bist der wichtigste Mensch: in deinem Leben. Egal was andere meinen. Du hast nur ein Leben und bist DIR verpflichtet es für Dich liebevoll und GUT zu gestelten. Mit ganz lieben Grüßen von Malve

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  3. Hey,
    ich kann dir sagen, du bist bei weitem nicht allein. Ich habe zwar nicht Morbus-Crohn aber Reizdarm und die akuteste Phase war wirklich schlimm. Es ging mir ähnlich wie dir und auch in diesem halben Jahr sowie in den folgenden 1,5 Jahren dezimierten sich meine „Freunde“ rapide. Heute besitze ich kaum welche und wenn wohnen sie Kilometer weit entfernt, aber dafür sind sie mir mir und ihrer Umwelt zu 100% ehrlich. Was besseres gibt es nicht 🙂 Der Kalenderspruch: Geht eine Tür zu, öffnet sich eine andere hört sich zwar ekelhaft klischeehaft an, aber stimmt irgendwie… Auch wenn es manchmal dauert.

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